Bauchbelüftung mit choraler Begleitmusik und eine doofe Federlose.
Das Video ist schon ein paar Tage alt und ich hatte es ganz vergessen. Da war es nämlich noch unerträglich heiß und der Oskar kühlte sich das Bauchi am Luftreiniger und sang seine Arien dazu.
Teils ging ich sehr nah mit der Kamera an ihn heran und man kann es schon deutlich an seinem wacher werdenden Blick erkennen: das passt ihm jetzt nicht und er ist streckenweise nicht mehr so entspannt.
Am Schluss halte ich ihm zu allem Überfluss auch noch den Finger hin und da platzt ihm endgültig der Geduldfaden. Er versucht den Störenfried in die Flucht zu schlagen. Als dies nicht gelingt und ich ihn auch noch foppe, rauscht er energisch ab.
Was ist hier geschehen?
Ich habe sämtliche Signale im Vorfeld missachtet und es kam wie es kommen musste: als Handaufzucht hat er keine Beißhemmung, da er im Sozialverhalten als Küken so einiges nicht mit auf den Weg bekam. Das würde keiner meiner anderen Vögel machen. Die hauen nach kurzer Andeutung, dass ihnen das unangenehm ist, direkt ab. Oskar hingegen kennt da nix.
Die ganzen Signale, die er schon vorher immer wieder gab, sind gar nicht so einfach auszumachen, weil bei Wellis alles in einer enormen Geschwindigkeit und obendrein in ihrer zierlichen Winzigkeit abläuft. Immerhin quasselt er ja noch und hat auch nicht das Gefieder total angelegt, zeigt keine Angst. Das könnte man sehr leicht falsch interpretieren. Ich habe es aber dennoch gesehen und wollte das einmal für euch gefilmt haben, was passiert, wenn ich seine Signale missachte.
Heute passiert mir das nur noch sehr selten. Genau genommen nur dann, wenn ich nicht so achtsam bin, es eilig habe o.ä. Zudem muss ich mich bei ihm generell zurücknehmen, nicht so viel Kontakt aufnehmen, damit er sich mehr seinen Artgenossen widmet und die Fehlprägung nicht wieder aufflammt.
Vögel, die gut von ihren Eltern sozialisiert wurden, zeigen es sehr viel schneller und deutlicher, wenn ich ihnen zu nah auf die Pelle rücke.
Beispiel: Opilein mag es nämlich ebenfalls nicht, wenn ich ihm gefühlt die Show bei seinen Arien stehle. Bei ihm schaut das aber anders aus: er verlässt die bequeme Position, richtet sich auf und wird dünner, schaut sich etwas hektischer um, als gerade noch. Nicht panisch! Einfach nur gaaaanz leicht unruhig, nicht mehr tiefenentspannt. Ein Zeichen, dass es ihm unangenehm ist. Hier wird es höchste Zeit, mich schnell zurück zu nehmen. Dann entspannt sich Opilein rasch wieder und singt weiter.
Er weiß, dass ich seine Signale lesen kann und manchmal darf ich sogar ganz nah an ihn heran und einfach lauschen. Wenn ich ihm nicht ins „Wort“ falle, darf ich bleiben. Ansonsten darf ich erst sabbeln, wenn er eine Pause macht oder mich sogar zum Klopfen auffordert. Manchmal kommt er sogar auf mich zu und signalisiert: mehr davon! Ich möchte dir jetzt zuhören! Erzähl mir was!